Also sprach die große Vorsitzende zur Eröffnung des Weltfriedenstreffens in Münster: „Religionen haben den Auftrag zum Frieden. Und deshalb kann es keine Rechtfertigung von Krieg und Gewalt im Namen einer Religion geben.“
Man muss weder Theologie noch Philosophie, nicht einmal Religionsgeschichte studiert haben, um zu erkennen, dass diese Aussage so absurd ist wie der Auftritt eines Osterhasen, der sich als Weihnachtsmann verkleidet hat, um bei Germany’s Next Top Model mitmachen zu können. Der Satz übertrifft an Sinnlosigkeit alles, was die Kanzlerin im Laufe ihrer zwölfjährigen Regentschaft gesagt hat, einschließlich der drei Worte, die ihr Vermächtnis sein werden: „Wir schaffen das!“
Erstens: Wer soll den Auftrag erteilt haben? Gott, Moses, Jesus, Mohammed, Margot Käßmann? Zweitens: In den Zehn Geboten ist von Frieden keine Rede. Drittens: Weder das Judentum noch der Islam sind Friedensreligionen, allein das Christentum könnte einen solchen Anspruch erheben, wenn seine Praxis in der Vergangenheit der Theorie nicht entgegenstünde.
Waren es katholische Pfadfinder oder evangelische Veganer?
Die Behauptung der Kanzlerin ist zwar sinnlos, aber nicht zweckfrei. Das Problem, das sich im Islam manifestiert, soll generalisiert, auf die anderen Mono-Religionen übertragen werden. Irgendwie sind sie alle gleich, nicht wahr? Und deswegen spielt es keine Rolle, welcher Konfession ein Terrorist angehört.
Dummerweise gehen die Terroranschläge der letzten Zeit – in London, Brüssel, Nizza, Paris, Berlin, Turku, Manchester, Hamburg, Mailand – nicht auf das Konto katholischer Pfadfinder, evangelischer Veganer oder jüdischer Diabetiker, sondern auf das von fanatischen Muslimen, die sehr wohl davon überzeugt sind, im Namen ihrer Religion zu handeln.
Ihnen zuzurufen: „Ihr versteht eure Religion falsch, euer Auftrag ist Frieden!“ zeugt zum einen von einer gründlichen Unkenntnis des Objekts, zum anderen von einer grenzenlosen Anmaßung. Aber inzwischen ist in Berlin alles Chefsache – die Energiewende, die Lösung der Flüchtlingskrise und neuerdings auch die Rolle der Religionen.
Die Kanzlerin regiert schon eine Weile am Parlament vorbei. Und jetzt pfuscht sie auch noch Gott ins Handwerk. Allmächtiger, unternimm was!
Zuerst erschienen in der Zürcher Weltwoche